Leinen los – auf zu neuen Ufern

Leinen los – auf zu neuen Ufern

13. April 2021 Aus Von Hans

13. April 21, Cádiz, Tag 296, 1813 sm von Stavoren

Am Sonntag haben wir nun endlich die Leinen in der Marina Albufeira gelöst und sind in das Segeljahr 2021 gestartet. Seit Oktober hatten wir dort in der Marina einen sicheren und vor allen Winden geschützten Liegeplatz.

Nach unserer Rückkehr am 13. März stand zunächst auf der Tagesordnung, die BIJOU wieder fit für die Segelsaison 2021 zu machen. Grundreinigung, Motorinspektion, Segel wieder anschlagen, Einbau des neuen AIS-Transponder, Demontage des Windgenerators (hier müssen alle Lager ausgetauscht werden, sie waren vom Salzwasser allesamt angerostet. Unglaublich, was Hersteller häufig an Schrott verbauen. Jetzt haben wir die gleichen Lager in Edelstahl bestellt) und viele andere Kleinigkeiten standen auf der ToDo-Liste. Sehr schön war, dass Norbert von der TJARK und ich uns gegenseitig unterstützen konnten. Da macht die Arbeit noch mehr Spaß. Für alle Arbeiten zusammen haben wir zwei Wochen gebraucht.

Das wir dann aber noch zwei weitere Wochen bis zum Start warten mussten, lag zum Einen an den Windprognosen – stetiger Ostwind, in der Straße von Gibraltar häufig in Sturmstärke und zum Anderen an dem uns schon auf der gesamten Reise begleitenden Coronavirus. Portugal hatte sicherheitshalber noch einmal für eine Woche um Ostern einen strikten Lockdown mit Ausgangsbeschränkungen verhängt. Eine Ausfahrt aus der Marina war verboten.

Um so sehnlicher fieberten wir einem kleinen Wetterfenster mit moderaten westlichen Winden entgegen. Samstag sollte der Tag sein. Der Wind kam zwar aus SW – W aber nur mit 1 -2 Bft. Dazu sollte es bis zum Sonntagmorgen immer wieder kräftige Schauer geben. So wollten wir aber nicht in die Saison starten. Zusammen mit der Crew von der TARK haben wir dann die Abfahrtszeit auf Sonntag 12:00 Uhr festgelegt. Für die gut 100 sm bis Cádiz haben wir mit 20 Stunden geplant, umso in Cádiz in den frühen Morgenstunden anzukommen.

Direkt nach der Hafenausfahrt konnten wir auf der BIJOU die Segel setzen. Mit gut halbem Wind und 3 Bft. rauschten wir bei herrlichem Sonnenschein auf direktem Kurs nach Cádiz . Mit durchschnittlich 7 kn Fahrt waren wir deutlich schneller als geplant. Da aber für den Abend abflauende Wind angesagt waren, kam uns die Rauschefahrt gerade recht. Das war mal ein Start in die Segelsaison nach Maß.

Erst als die Nacht schon hereingebrochen war, schlief der Wind ein. Mit Maschinenkraft ging es durch die stockfinstere, mondlose Nacht. Cádiz war schon weit voraus zu sehen. Die zwei hohen Pylonen der Hängebrücke, rot beleuchtet wie Weihnachtsbäume, waren mehr als 20 sm auszumachen. Je näher wir nach Cádiz kamen, umso mehr nahm der Schiffsverkehr zu. Vor allem Fischereiboote tauchten zahlreich um uns herum auf.

Wie aus den Nichts blinkten urplötzlich unzählige rote Funkelfeuer vor uns auf. Egal in welche Richtung ich auch schaute, ich sah es nur rot blinken. Ich war völlig irritiert, waren doch all die Leuchtfeuer nicht auf meinen Seekarten zu finden. Mein erster Gedanke war, dass es sich hier um die berüchtigten, für Segler sehr gefährlichen Thunfischnetze handelte, die durch Bojen markiert werden. Gefährlich, weil diese Netze über mehrere Meilen! direkt an der Wasseroberfläche gespannt werden. Ein Segelboot würde sich mit seinem Kiel und der Schiffsschraube festsetzen und nur noch mit fremder Hilfe befreit werden können.

Ich beschloss, erst einmal die Fahrt aus der BIJOU zu nehmen und parallel zur ersten Leuchtfeuerreihe zu fahren. Aber wohin ich auch den Bug drehte, sah ich wieder weitere Feuer direkt vor uns. Ich konnte mir keinen Reim auf die Situation machen. Gelernt habe ich mal, dass die roten Feuer auf eine Gefahr hinweisen. Deshalb wollte ich sie auch nicht einfach ignorieren und hindurchfahren. Geli schlug vor auf der Stelle zu kreisen, bis es hell würde. Das wären aber noch über 4 Stunden gewesen.

Ich beschloss, sehr langsam an ein solches Feuer heranzufahren, um vielleicht im Scheinwerferlicht zu erkennen um was es sich bei der vermuteten Tonne genau handelt. Als wir nah genug ran waren, konnte Geli erkennen, dass es sich um Fischereifähnchen handelt, die hier neben der üblichen Fahne eben auch ein rotes Funkellicht führen. Das erklärte auch, warum diese Bojen auch so spät aus dem Nichts auftauchten. Sie sind halt sehr klein und bei Seegang erst kurz vorher zu sehen. Also beschloss ich, in gebührendem Abstand in Schleichfahrt an der Boje vorbeizufahren, immer mit einem Auge auf die Boje gerichtet. Gott sei Dank bewegte die Boje sich nicht. Wir vermuten, dass es eine von den zahlreichen Bojen waren, an den Hummerkörbe hängen. Da die beleuchtete Boje immer in unmittelbarer Umgebung noch eine zweite unbeleuchtete Boje hat, an der die Fischer die Hummerkörbe aufnehmen.

Mit dieser Erkenntnis haben wir die Fahrt auf unser Ziel Cádiz wieder aufgenommen, nicht ohne die Crew der TJARK, die etwa 5 sm hinter uns lag, auf die Situation hinzuweisen. Mit etwas gedrosselter Fahrt, damit wir gemeinsam in die Bay Cádiz von einlaufen, ging es auf die letzten 15 sm. Kurz vor dem Hafen der Puerto-Sherry Marina im nördlichen Teil der Cádiz Bay waren beide Schiffe wieder beisammen und so fuhren wir um 8:00 Uhr morgens in die Marina ein.

Alles in allem war es ein toller Einstieg in das Segeljahr 2021, wenngleich ich auf das Déjà-vu – Erlebnis vor der Bay von Cádiz gerne verzichten kann. Im Nachhinein bin ich jetzt aber beruhigt, dass in einem so verkehrsreichen Gebiet die Fischereibojen auch bei Nacht sehr gut auszumachen sind.